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8. Dezember 2021

Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Am 25. November ist der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Der Gedenk- und Aktionstag dient der Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen. Die Farbe Orange symbolisiert dabei eine Zukunft ohne Gewalt gegen Frauen.

Unsere Frauenbeauftragte der Werkstätten Ines Schönian hat sich in der Arbeitsgruppe „Bündnis 8. März Wolfenbüttel“ an der Organisation eines Aktionsabends beteiligt. Ines Schönian setzt sich in unseren Werkstätten gegen Gewalt an Frauen mit Behinderung ein. Sie wurde gerade für weitere vier Jahre in ihrem Amt bestätigt. Sie ist in ihrer Aufgabe in Wolfenbüttel gut vernetzt und pflegt regelmäßigen Kontakt zur Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Wolfenbüttel Simone Reese.

Auch wir sagen NEIN zu Gewalt.

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Wir brechen das Schweigen

#schweigenbrechen
Hilfetelefon: 08000 116 016

 

 

Wenn aus der Liebe ein Martyrium wird

(Ein Artikel vom Wolfenbüttler Schaufenster, Sonntag 21. November 2021)

Wolfenbüttel. Einer Erhebung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge erlebt jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt. Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau an den Folgen häuslicher Gewalt, laut Bundeskriminalamt (BKA). Und in Beziehungskonflikten sind immer noch 82 Prozent der Opfer weiblich. Diese Zahlen geben allen Grund zur Besorgnis. Hinter aller nüchterner Statistik verbergen sich persönliche Schicksale von zum Teil jahrelang erduldeter Gewalt, die mit sexistischem Verhalten, Nötigung und Einschüchterungsversuchen beginnt, mit Stalking, Erpressung und Bedrohung eine traurige Fortsetzung findet und im schlimmsten Fall in körperlichen Auseinandersetzungen endet – bis hin zu Mord und Totschlag.
Um auf dieses allgegenwärtige Problem hinzuweisen und möglichst viele Menschen für die Thematik „häusliche Gewalt“ und „Gewalt in Beziehungen“ zu sensibilisieren, hat die AG „Bündnis 8. März Wolfenbüttel“ am vergangenen Donnerstag ab 17 Uhr Interessierte, Betroffene und Experten in die Lindenhalle Wolfenbüttel zu einem Informationsabend eingeladen. Der Name des Bündnisses erinnert übrigens an den Internationalen Frauentag, der seit 1911 jährlich an diesem Datum begangen wird – ursprünglich zum Erringen des Frauenwahlrechts, inzwischen um die Gleichberechtigung der Geschlechter einzufordern. Bereits am Eingang zur Lindenhalle hatte das Organisationsteam lange Reihen von orange gefärbten Schuhpaaren aufgestellt, die in den Farben der Bewegung auf jedes Einzelschicksal aufmerksam machen sollten. Im Foyer der Lindenhalle stellten diverse Vereine, Verbände und Behörden ihre Hilfsangebote im Rahmen eines Infomarktes vor, unter anderen auch der Weiße Ring, Amnesty International, der Bilmatî e.V. und das Netzwerk ProBeweis. Auf lokaler beziehungsweise regionaler Ebene präsentierten sich die Ostfalia, die FairtradeStadt Wolfenbüttel, das Frauenschutzhaus BISS sowie die Polizeiinspektion Braunschweig und der Landkreis Wolfenbüttel.
In der Öffentlichkeit oft unterschätzt oder gänzlich unbekannt, ist der Sachverhalt, dass auch fünf bis zehn Prozent der Männer in Beziehungen Opfer von häuslicher Gewalt werden. Hierüber
klärte der Infostand des mannigfaltig e.V. aus Hannover auf, der ansonsten auch Projektarbeit in Schulen anbietet und Jungs und Männer auf Opfer- wie Täterseite berät. Täterberatung in derzeit drei verschiedenen Projekten, die an die Polizeiinspektion angegliedert sind, betreibt auch die Täterbertungsstelle. Wie wichtig auch die Aufarbeitung mit den Straftätern ist, fasst Staatsanwältin Karin Heilland aus Braunschweig in einem Satz zusammen: „Täterarbeit ist immer auch aktiver Opferschutz!“ Einige Stände weiter hatte auch Amnesty International eine Vertretung und lud ein zu einem Blick über den eigenen Tellerrand. Frauenrechte werden in vielen Teilen der Welt missachtet und Gewalt gegen Frauen sei vielerorts allgegenwärtig, so zum Beispiel auch in Mexiko, wo die Menschenrechtsorganisation nachweisliche Femicide anprangert.

Der Rundgang über den Infomarkt vorbei an einer aufschlussreichen Ausstellung führte um 18 Uhr in den großen Saal der Lindenhalle. Dort hielt Professor Dr. Ute Ingrid Haas von der Ostfalia einen Impulsvortrag, in dem sie auch auf die gegenwärtig problematische Situation für Mädchen und Frauen unter Pandemiebedingungen einging. Viele Anlaufstellen hätte aufgrund der Verbreitung des Coronavirus ihre Hilfsangebote drastisch zurückfahren müssen. Die Kriminalstatistik für das vergangene Jahr weise einen Rückgang von Straftaten auf, außer im Bereich häusliche Gewalt. Hier sei es sogar zu einem Anstieg um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gekommen. In diesem Zusammenhang kritisierte die Professorin auch die Strafverfolgungsbehörden für eine oftmals nicht eindeutige Zuordnung der gegen Frauen verübten Straftaten. Dann betonte sie noch einmal, wie unerlässlich effektive und stetige Präventionsarbeit sei. „Die Arbeit zur Eindämmung häuslicher Auseinandersetzungen und die Sensibilisierung für alle Formen dieser Gewalt sind nicht abgeschlossen. Abende wie dieser sind ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen.“ Des weiteren gab die Dozentin eine kurze Einführung in das da rauffolgende Theaterstück „Die Wortlose“ von und mit Susann Kloss. Die Schauspielerin mimt darin Renate – abgestempelt als stummer Schatten ihrer selbst und vom Typ her eher ein Mauerblümchen. Doch eines Tages nimmt sie die Gerechtigkeit in ihre Hände. Sie kann eben auch auch anders! Das Martyrium ihrer Ehe mit Reinald Rommel beendet Renate als Mörderin. Jetzt beginnt das Kapitel der Aufarbeitung. Ihr Schweigen bricht, Worte sprudeln aus ihr heraus und verwandeln sie. Das Stück bewegt sich zwischen herzzerreißender Komik und erschütternder Tragik, machte betroffen und regte die Anwesenden im Anschluss zu weiteren Diskussionen an.

 

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